Alle brau­chen Arbeit – vie­le fin­den kei­ne. Man kann das als sozia­les Pro­blem bekla­gen und sich vor­stel­len, Beschäf­ti­gungs­för­de­rung“ wäre die pas­sende Ant­wort, mit staat­li­chen Arbeits­be­schaf­fungs­maß­nah­men und einer Sen­kung der Lohn­ne­ben­kos­ten sowie mehr Druck auf die Arbeits­lo­sen mit Hartz IV und ande­ren Sozi­al­staats­re­ge­lun­gen, mit einer Strei­chung der Ver­mö­gens­steuer und einer Umver­tei­lung des knap­pen Guts“ Arbeit durch Arbeits­zeit­ver­kür­zung, mit der Schaf­fung von neu­en Arbeits­plät­zen“ durch Teil­zeit und Leih­ar­beit, oder wie auch immer. Über eine gewis­se Absur­di­tät muss man sich dabei aller­dings schon hin­weg­set­zen: Wenn es nicht mehr so viel zu tun gibt, das Nöti­ge von weni­ger Leu­ten in kür­ze­rer Zeit zu erle­di­gen ist – war­um braucht dann über­haupt jeder Arbeit, und auch noch so vie­le voll­ge­packte Arbeits­stun­den, um leben zu kön­nen? Dass weni­ger Arbeit erspar­te Mühe bedeu­tet: War­um gilt die Glei­chung nicht?

Dass so vie­le Leu­te Arbeit brau­chen und kei­ne Arbeit fin­den, wäh­rend ande­re viel zu viel arbei­ten müs­sen, liegt an einem öko­no­mi­schen Pro­blem: Arbeit fin­det statt, wenn sie ren­ta­bel ist; und sie unter­bleibt, wenn sie nicht ren­ta­bel ist, d.h. wenn sie dem Unter­neh­men, in dem und für das sie statt­fin­det, nicht genü­gend ein­bringt; nicht genug Ertrag näm­lich, um in der Kon­kur­renz, der glo­ba­len“, zu beste­hen. Wenn das aber so ist, dann fin­det Arbeit auch nur des­we­gen statt, weil und damit sie einem Unter­neh­men Gelder­träge ver­schafft: Gear­bei­tet wird aus kei­nem ande­ren öko­no­mi­schen Grund und mit kei­nem ande­ren Ziel als die­sem nie abschlie­ßend zu erle­di­gen­den Auftrag,deswegen auch je mehr, umso bes­ser. Und aus kei­nem ande­ren Grund unter­bleibt sie dann eben auch, wenn sie näm­lich nicht genü­gend Geld bringt. Und das ist offen­bar gera­de mit den Ren­ta­bi­li­täts­fort­schrit­ten bei der Anwen­dung von Arbeit immer häu­fi­ger der Fall. Die öko­no­mi­sche Ziel­set­zung, die in der soge­nann­ten Markt­wirt­schaft total und exklu­siv bestim­mend ist, gebie­tet offen­bar glei­cher­ma­ßen Voll­be­schäf­ti­gung“ und struk­tu­relle Arbeits­lo­sig­keit“. Da kann es gar nicht genug Arbeit geben, weil Arbeit die Unter­neh­men berei­chert; und zugleich sor­gen die Unter­neh­men dafür, dass immer weni­ger Arbeit die­ser Anfor­de­rung genügt.

Es mag ja sein, dass sich alle Welt an die­se Ver­rückt­heit gewöhnt hat und sie nor­mal fin­det; auch die Exper­ten und Ver­wal­ter die­ses Sys­tems fin­den ja offen­bar nichts dabei, wenn sie dazu nur wider­spre­chende Aus­künfte parat haben: Es wird zu wenig gear­bei­tet, wenn meh­rere Mil­lio­nen Arbeits­lose in der Nati­on, eini­ge zehn Mil­lio­nen in der EU und zahl­lose Mil­lio­nen auf dem Glo­bus her­um­lun­gern; und es wird zugleich immer noch zu viel gear­bei­tet, so dass die rei­ne wirt­schaft­li­che Ver­nunft“ die Schlie­ßung selbst gro­ßer natio­na­len Unter­neh­men gebie­tet, wenn die nur mit Mil­li­ar­den­sub­ven­tio­nen wei­ter­ar­bei­ten. Tat­säch­lich scheint eben bei­des zugleich vor­zu­lie­gen, wenn es beim Arbei­ten bzw. Arbei­ten­las­sen: um immer mehr Geld geht: Es kann für die­sen Zweck nie genug geschafft wer­den, und zugleich gibt es immer zuviel Arbeit, die vor die­ser Zweck­set­zung ver­sagt. Es hilft ja nichts, dass es nun ein­mal“ so ist – ein wenig wider­sprüch­lich ist es schon, die­ses Sys­tem der ren­ta­blen Arbeit und des gesell­schaft­li­chen Reich­tums, den sie schafft.

Kei­ne Fra­ge: Staat und Unter­neh­men kön­nen damit präch­tig leben – sie orga­ni­sie­ren die Arbeit ja so und pro­fi­tie­ren von ihrer Ren­ta­bi­li­tät. Den sys­tem­ei­ge­nen Wider­spruch, dass ers­tens unbe­dingt gear­bei­tet wer­den muss und des­we­gen zwei­tens nur sehr bedingt, machen sie zu einem Pro­blem derer, die als aus­üben­des Per­so­nal unbe­dingt Arbeit brau­chen und ganz oft kei­ne fin­den. Und dann defi­nie­ren sie die mate­ri­el­len Pro­bleme, die die Leu­te haben, als sozia­le Pro­blem­lage, die sie mit den bedürf­ti­gen Leu­ten haben.

Man soll­te des­we­gen die Rede vom sozia­len Pro­blem auch nicht für die Sache neh­men, vom Elend betrof­fen über die Unge­rech­tig­keit der Ver­tei­lung des Reich­tums oder die wach­sende Sche­re zwi­schen arm und reich kla­gen und dann nach Schul­di­gen“ dafür suchen, dass die­sem Pro­blem“ durch all die eif­rig dis­ku­tier­ten, pro­bier­ten und wie­der auf­ge­ge­be­nen Bünd­nisse für Arbeit“ und Bemü­hun­gen, Arbeits­plätze zu schaf­fen“ nie bei­zu­kom­men ist. Genau­so wenig emp­fiehlt es sich, das Kri­te­rium der Ren­ta­bi­li­tät als Inbe­griff wirt­schaft­li­cher Ver­nunft“ und Sach­not­wen­dig­keit“ zu akzep­tie­ren und mit den Bedenk­lich­kei­ten erst anzu­fan­gen, wenn die öffent­li­che Mei­nung sich ent­schließt, sei­ne Schat­ten­sei­ten“ zur Kennt­nis zu neh­men. Die Absur­di­tät des Sys­tems, der Grund sei­ner Schäd­lich­keit für die Mas­se sei­ner Insas­sen, liegt nicht dar­in, dass Arbeit nicht statt­fin­det, wenn sie nicht ren­ta­bel ist, son­dern dass sie statt­fin­det, weil es um Ren­ta­bi­li­tät geht. Sei­ne sozia­le Gemein­heit beginnt nicht damit, dass die Leu­te, die Arbeit brau­chen, oft kei­ne fin­den, son­dern besteht schon dar­in, dass sie Arbeit brau­chen; dass sie dann noch nicht ein­mal sicher sein kön­nen, eine zu fin­den, folgt dar­aus von ganz allein.

Die Ver­an­stal­tung stimmt daher auch nicht ein in den Chor der sozia­len Kla­gen über das unge­rechte Los von Beschäf­tig­ten und Beschäf­ti­gungs­lo­sen, über die wach­sende Kluft zwi­schen arm und reich, über Pro­fit­gier und man­gelnde Unter­neh­mer– und Staats­ver­ant­wor­tung. Von sol­chen Kla­gen gibt es längst genug, und sie lan­den so sicher wie das Amen in der Kir­che bei Anträ­gen und Auf­trä­gen an die Adres­se der­je­ni­gen, die gemäß den Kri­te­rien der Ren­ta­bi­li­tät Beschäf­ti­gung“ orga­ni­sie­ren bzw. sol­che Beschäf­ti­gung poli­tisch för­dern und deren sozia­le Fol­gen ver­wal­ten – bei Auf­trä­gen, die regel­mä­ßig von der fal­schen Ein­sicht in die Schwie­rig­kei­ten“ und Sach­zwänge“ getra­gen sind, denen Unter­neh­men und Staat bei ihren Bemü­hun­gen um Arbeits­plätze“ unterliegen.

Gezeigt wer­den soll statt des­sen, dass und wie es an an der herr­schen­den Pro­duk­ti­ons­weise, an der gesell­schaft­li­chen Form des Reich­tums, am Geld, und an den Bestim­mun­gen der Arbeit, die für die Pro­duk­tion die­ses Reich­tums ver­rich­tet wird, also am gegen­sätz­li­chen Ver­hält­nis zwi­schen Arbeit und Reich­tum im Kapi­ta­lis­mus liegt, wenn die Resul­tate des Arbei­tens gegen Geld und Arbei­ten Las­sens für Geld so gegen­sätz­lich und ein­sei­tig ausfallen.