Deutsch­land ist als Indus­trie­land und Export­na­tion in beson­de­rem Maße auf eine siche­re Roh­stoff­ver­sor­gung ange­wie­sen.“ Unter den Bedin­gun­gen der Markt­wirt­schaft und eines fai­ren Welt­han­dels glei­chen sich Ange­bot und Nach­frage auch bei Mark­tän­de­run­gen immer wie­der anein­an­der an. Funk­tio­nie­rende Märk­te sor­gen so für sta­bile Ver­hält­nisse und lang­fris­tige Ver­sor­gungs­si­cher­heit.“(Roh­stoff­stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung) Das ist doch mal eine har­mo­ni­sche Welt: Ver­sorgt“ wird Deutsch­land mit allen Roh­stof­fen, die eine Export­na­tion für ihre Berei­che­rung an der Welt braucht; dem Markt sei Dank. Fragt sich nur, war­um der deut­sche Staat dann noch eine poli­ti­sche Roh­stoff­stra­te­gie braucht und sei­ne Außen-​, Wirt­schafts– und Ent­wick­lungs­po­li­ti­ker damit seit Jah­ren Roh­stoff­län­der und –märk­te beharken?

Dass am Welt­markt für Roh­stoffe ganz was and­res herrscht als ein Aus­gleich“ zwi­schen den indus­tria­li­sier­ten Nach­frage– und den anbie­ten­den Roh­stoff­län­dern, wis­sen die deut­schen Roh­stoff­stra­te­gen schon. Auch Ent­wick­lungs– und Schwel­len­län­der ver­fü­gen über zahl­rei­che fos­sile und mine­ra­li­sche Roh­stoffe, die am Welt­markt stark nach­ge­fragt wer­den. Doch in vie­len Ent­wick­lungs­län­dern trägt der Roh­stoff­reich­tum nicht zur nach­hal­ti­gen Ent­wick­lung bei.“ Statt­des­sen ist – seit Jahr­zehn­ten! – gera­de aus den Roh­stoff­län­dern Afri­kas and­res bekannt: Die Staa­ten sind im Aus­land ver­schul­det, vie­le sind über­schul­det, die Men­schen ver­elen­den in Mas­sen, die Staats­macht ist oft umkämpft und gilt in vie­len Fäl­len offi­zi­ell als geschei­tert“. War­um führt das Anbie­ten von Roh­stoff­reich­tum“ auf dem Welt­markt denn zu so einer kata­stro­pha­len Ent­wick­lung“, die offen­kun­dig ziem­lich nach­hal­tig“ ist?

Für deut­sche Roh­stoff­po­li­ti­ker ist nur eine Ant­wort zuläs­sig: Wo doch für Roh­stoffe bezahlt wird, was der Welt­markt so her­gibt, sind die Roh­stoff­län­der sel­ber schuld, wenn sie mit dem Geld nicht aus­kom­men. Ihnen dabei auf die Sprün­ge zu hel­fen, dass die Ein­nah­men aus der Roh­stoff­för­de­rung auf nach­voll­zieh­bare Art und Wei­se in die öffent­li­chen Haus­halte gelan­gen und dann zur Ver­min­de­rung der Armut ein­ge­setzt wer­den“ (BMZ), dazu ist Deutsch­land aber gern bereit. Das ist das maß­geb­li­che Ziel der Ent­wick­lungs­po­li­tik, die Deutsch­land sei­ner Außen(wirtschafts)politik extra an die Sei­te stellt. Der zustän­dige Minis­ter Nie­bel stellt immer wie­der klar, dass Ent­wick­lungs­po­li­tik kein Welt­so­zi­al­amt“ ist, und er das Wort Ent­wick­lungs­hilfe nicht mag“. Was aller­dings die Fra­ge auf­wirft, was die­se Poli­tik denn dann ent­wi­ckelt und wem sie wobei hilft?

Sta­bile Ver­sor­gung“ für die deut­sche Export­na­tion“ und Hil­fe für die Roh­stoff­län­der beim spar­sa­men Haus­hal­ten mit den Ein­nah­men und bei der Armen­be­treu­ung – so ging der fai­re Welt­han­del“ für Deutsch­land lan­ge Zeit in Ord­nung. Und nun das: Die stark gestie­gene Nach­frage nach zahl­rei­chen wich­ti­gen Indus­trier­oh­stof­fen hat aller­dings dazu geführt, dass ver­schie­dene Län­der han­dels­po­li­ti­sche Maß­nah­men (u. a. Export­zölle, Export­quo­ten, Import­ver­güns­ti­gun­gen) ergrif­fen haben, die die jewei­lige hei­mi­sche Indus­trie begüns­ti­gen und damit den inter­na­tio­na­len Wett­be­werb ver­zer­ren.“(Roh­stoff­stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung) Die Nach­frage, die ver­zerrt“, heißt: Chi­na & Co..Schwel­len­län­der ver­fol­gen gegen­über roh­stoff­rei­chen Län­dern auch Stra­te­gien, mit denen sie offen­sicht­lich dar­auf abzie­len, pri­vi­le­gier­ten Zugang zu deren Roh­stoff­vor­kom­men zu erhal­ten. So haben Chi­na und Indi­en ihr wirt­schaft­li­ches Enga­ge­ment in Afri­ka in den letz­ten Jah­ren erheb­lich ver­stärkt.“ (Roh­stoff­i­n­itia­tive der EU) Wenn sich Chi­na in Afri­ka Roh­stoffe kauft und auch in Roh­stoff­vor­kom­men ein­kauft, also ganz markt­wirt­schafts­kon­form mit Geld und Kapi­tal zugreift, war­um heißt das in Deutsch­land und Euro­pa ver­zerr­ter Wett­be­werb“, gestör­te Welt­märkte“ und land­grab­bing“?Auch die Recht­fer­ti­gung des neu­en Export­welt­meis­ters Chi­na hört sich sehr ver­traut an. Wir pro­du­zie­ren nicht nur für Chi­na selbst, son­dern für die gesam­te Welt. Natür­lich müs­sen wir des­halb auch die welt­wei­ten Vor­kom­men als Quel­le für unse­re Roh­stoffe nut­zen“, sagt Wang Yues­heng, Wirt­schafts­pro­fes­sor der Peking-​Uni­ver­si­tät. Peking habe aus die­sem Grund die Roh­stoff­si­che­rung zum Kern sei­ner natio­na­len Go global“-Strategie gemacht.“ (FAZ 02.09.2011) Was stört“ da, wenn Chi­na macht, was die west­li­chen Indus­trie­mächte vor­ge­macht haben?

Klar ist, dass Deutsch­land und Euro­pa sich zu ener­gi­schem Dage­gen­hal­ten berech­tigt sehen. Deut­sche und euro­päi­sche Poli­tik droht Roh­stoff­län­dern mit dem Aus­sper­ren vom EU-​Markt, wenn sie kei­nen zoll­freien Zugriff auf ihre Erze und Erden ein­räu­men, deut­sche Poli­tik bemüht sich um bila­te­rale Roh­stoff­part­ner­schaf­ten, und deut­scher wie euro­päi­scher Poli­tik fällt eine nütz­li­che Not­lage all der Län­der ein, die ihre Ent­wick­lungs­po­li­tik am Wickel hat: Vie­le bedeu­tende Roh­stoff­vor­kom­men befin­den sich in den Ent­wick­lungs­län­dern Afri­kas und ande­ren Ent­wick­lungs­län­dern. Es emp­fiehlt sich, die EU-​Ent­wick­lungs­po­li­tik auf dis­kri­mi­nie­rungs­freien Zugang der EU zu Roh­stof­fen aus­zu­rich­ten“. War­um gilt das nicht als pri­vi­le­gier­ter“ Zugriff und Stö­rung“ der Welt­märkte, als was das­selbe bei Chi­na gilt?

Aus Chi­na kommt eine Ant­wort, die eine gewis­se Offen­her­zig­keit aus­zeich­net: Aller­dings ist das Schwel­len­land ein Nach­züg­ler‘, wie Wang sagt. Der Auf­stei­ger muss auf dem Roh­stoff­markt mit eta­blier­ten Mäch­ten und erfolg­rei­chen Nach­bar­län­dern kon­kur­rie­ren. Die­se Aus­gangs­lage führt zu Span­nun­gen und in Zukunft viel­leicht zu mili­tä­ri­schen Konflikten.“

Wor­um also geht es unter den so tech­nisch klin­gen­den poli­ti­schen Stich­wör­tern Roh­stoff­ver­sor­gung“ und Roh­stoff­si­cher­heit“?

Was ist der Roh­stoff– für ein Welt­markt, was sind in ihm Indus­trie­län­der“, was sind Roh­stoff­län­der?“

War­um hei­ßen von letz­te­ren so vie­le offen­bar dau­er­haft Ent­wick­lungs­län­der“, und wor­um geht es der aktu­el­len Ent­wick­lungs­po­li­tik“?

Um sol­che Fra­gen geht es in der Veranstaltung.