Die Eurokrise
Brutale Klarstellungen über Geld, Kredit und den Nutzen der Armut für Kapital und Staat
„Krise!“ – seit einem halben Jahrzehnt ist das der über alle politischen und theoretischen Lager hinweg geteilte Befund über den Zustand der europäischen Ökonomie. Das hat als Krise des Banken– und Finanzsektors angefangen und ist dann „auf die Realwirtschaft übergeschwappt“. Seit geraumer Zeit hat sich das zu einer Krise des Euro ausgewachsen, die es für die einen fraglich macht, ob diese Währung überhaupt die nächsten Jahre überstehen wird, und die darum andere zu immer neuen Rettungsmaßnahmen anstachelt.
„Krise!“ – das ist darum auch die auf Unwidersprechlichkeit dringende Rechtfertigung für alle Härten, die europäische Regierungen ihren Völkern und die führenden europäischen Mächte wie Deutschland ihren schwächeren ‚Partnern‘ wie Griechenland, Spanien, Portugal … zumuten, um die Krise zu bewältigen. Sie verweisen darauf, dass von einem funktionierenden, ‚harten‘ Euro alles staatliche und ökonomische, individuelle und gesellschaftliche Leben und Treiben in Europa, also auch aller Lebensunterhalt der Menschen abhängt. Und sie verlangen mit diesem Verweis die Einsicht, dass in ihrer Brutalität gar nicht beschönigte Einschnitte in eben diesen Lebensunterhalt der europäischen Massen alternativlos sind. Damit der Euro wieder fraglos solide wird und nachher alles so funktionieren kann wie vor der Krise.
Nur:
Lohnt es sich nicht, einen Blick darauf zu werfen, welchen Inhalt die viel beschworene Abhängigkeit aller von einem soliden Euro eigentlich genau hat? Schließlich hat ja auch vor der Krise für die meisten Europäer ihr Verhältnis zum Euro darin bestanden, für seinen Erwerb in der Regel hart, lang und in fremden Diensten zu arbeiten und bei seinem Gebrauch möglichst sparsam zu sein. Daran haben sie es vor der Krise ja nicht fehlen lassen – aus der schäbigen Rolle, die der Euro für sie zwischen Arbeiten und Sich-Einteilen spielt, kann die Krise des europäischen Geldes dann ja wohl auch kaum kommen. Also kann der Zweck des Euro auch nicht darin bestehen, solides Einkaufsmittel und Sparschwein für diejenigen zu sein, die ihn sich mit ihrer Arbeit verdienen müssen.
Sollen z.B. deutsche Arbeitnehmer, Arbeitslose, Rentner der politischen Führung Deutschlands glauben, dass die zwar ihre staatliche Krisenbewältigung auf Kosten des Lebensunterhalts des hochverehrten Volkes, aber letztlich doch bloß zu dessen Wohl führt? Und ihr darum gutes Gelingen dabei wünschen, die deutsche Macht gegen die europäischen ‚Partner‘ in Anschlag zu bringen, um sich durch deren Sanierung auf Kosten von deren Völkern in der Krise schadlos, nämlich die überlegene Qualität deutscher Staatsschulden aufrecht zu halten?
Soll man sich als deutscher Arbeiter, Arbeitsloser, Sparer, Rentner … die Streitereien zwischen europäischen Staaten und ihren nationalen und supranationalen Finanzinstitutionen über Schuldige an der Krise und das beste Rezept für die Rettung des Euros allen Ernstes in einen Gegensatz zwischen dem eigenen Lebensunterhalt und dem der ‚kleinen Leute‘ in Griechenland übersetzen? Mit dem einzigen schäbigen Ertrag, dass man als willige Arbeitskraft deutscher Unternehmer und braver Betroffener deutscher Verarmungs– Politik aus voller Brust auf ‚die Griechen‘ und andere unverdiente Nutznießer des großartigen Euro-Projekts hetzen darf?