Der Anklagepunkt der TTIP-Kritiker
Die Degradierung des Gemeinwohls zum Handelshemmnis
Die politischen Macher und perspektivischen geschäftlichen Nutznießer von TTIP machen kein Geheimnis aus der prinzipiellen Zwecksetzung des Vertragswerks: Ihnen geht es um eine umfassende Befreiung des zwischenstaatlichen Geschäftsverkehrs von nationalen Vorschriften, die sie jetzt als prinzipielle Hindernisse geschäftlichen Wachstum ins Auge fassen; um die Entfesselung der Konkurrenz ihrer weltweit agierenden Kapitale, von der sie sich eine Mehrung ihres nationalen Reichtums erwarten.
Dagegen melden sich die TTIP-Kritiker der verschiedenen Initiativen und Vereine aus der Position der Betroffenen als umfassend Geschädigte. Sie beschwören nicht minder prinzipiell, dass TTIP einen generellen Angriff auf alle Lebensbedingungen darstellt. Sie gehen also von der Gewissheit aus, dass Produktion und Vertrieb von Waren einem anderen Erfolgsmaßstab gehorchen als dem Bedarf der Verbraucher nach ordentlichen und umweltgerechten Gebrauchsgegenständen und Lebensumständen. Und sie glauben selbst keinen Augenblick daran, dass die Konzerne mit ihren Gewinninteressen aus freien Stücken auf ihre schädigenden Geschäftspraktiken verzichten. Sie adressieren ihren Protest an die Staatsgewalt, von der sie erwarten und der sie zutrauen, dass sie dem Gewinninteresse Schranken setzt.
Sie halten sich damit bei der Frage nach der Natur dieses Interesses, den systemischen Gründen für dessen Rücksichtslosigkeit, nicht weiter auf. Ihre Kritik zielt nicht auf die Beseitigung der Quelle der beklagten Folgen kapitalistischer Geschäftstätigkeit, sondern auf heilsame staatliche Beschränkung bei der Wahrnehmung der Interessen, die diese Wirkungen zeitigen. Durch staatliches Eingreifen sollen die zu korrigieren sein, so ihre Hoffnung und ihr politisches Verlangen. Damit nehmen die Kritiker beides, die Geldrechnungen, deren Macht sie beklagen, und das staatliche Wirken, das denen samt ihren Schädigungen zu ihrer gesellschaftlichen Geltung verhilft, eigentümlich unernst.